Ingo Schlemm

Strictly Acoustic – Einige Gedanken zu den Songs

Meine Idee, auf der Rainheads Homepage etwas zur Entstehung und den Texten der verschiedenen Songs unseres Being Left Albums zu schreiben, ist auf viel positive Kritik gestoßen, so dass ich dies auch in Bezug auf meine neue CD „Strictly Acoustic“ fortführen möchte. Ich habe mich entschieden, dies auch für die nachgespielten Songs des Albums zu tun. Die Texte meiner eigenen Stücke findet ihr ebenfalls auf dieser Website. Aus urheberrechtlichen Gründen müsst ihr –bei Interesse- die Lyrics der gecoverten Lieder im Netz suchen, was allerdings kein Problem darstellen sollte.

Ask For More

Als ich 2009 von einem umfassenden Trip durch die USA wiederkehrte, hatte ich zwei Songideen im Kopf: „Ask For More“ und „Goodbye Letters“. Während sich ersteres kritisch mit dem Selbstverständnis einiger Amerikaner auseinandersetzt, huldigt letzteres die Schönheit und Weitläufigkeit des Landes.

Ich habe die Vereinigten Staaten häufig bereist, weil mich Land und Leute faszinieren. Weder plumper Antiamerikanismus noch hirnlose Glorifizierung werden dem Phänomen USA gerecht.

I oppose the enemy and cling to folks I love
Nothing better than blood on blood we’re blessed right from above
With the feeling of eternal bliss we got god on our side
Always keep the curtains drawn don’t get blinded by the light

This ain’t you, this ain’t me
Nor what we supposed to be
Lying back down on the floor
We stand up and ask for more

Saw the devil in the pale moonlight, just too easy to drag him down
With underwear in white and blue a blood stain won’t make us frown
Guns protect our liberty, we got god on our side
Ignorance is bliss today don’t get blinded by the light

Mother Earth old enemy kneel down and worship me
With your face so sad and old your decay is plain to see
The answer is technology, we got god on our side
War is peace that’s the news today, don’t get blinded by the light

The River

Dies ist wohl eines der kommerziell erfolgreichsten Stücke der Coversongs meines Albums. Original 1980 auf der gleichnamigen Doppel LP/CD veröffentlicht, hat Bruce Springsteen einen der wundervollsten Songs überhaupt geschrieben.

Verpackt in eine Wahnsinnsmelodie erzählt er die Geschichte eines jungen Pärchens, deren Träume und Liebe sich in der muffigen Idylle einer amerikanischen Kleinstadt langsam in Luft auflösen.

Dient der Fluss zuerst noch als Zufluchtsort der Hoffnung, ist er am Ende des Songs ausgetrocknet und symbolisiert endlose Hoffnungslosigkeit.

Die Textzeile/Frage „is a dream a lie if it don’t come true?“ bietet eine perfekte Verbindung zum Mythos des American Dream, der –wie beschrieben- auch zum American Nightmare werden kann.

Station Song

In Bezug auf meine hier vertretenen Eigenkompositionen ist Station Song zweifelsohne die Älteste. Eine Version im Bandkontext wurde bereits 2001 auf dem Rainheads Debutalbum „Ten Miles To Go“ veröffentlicht.

Der Text des Lieds spiegelt meine Gedanken gegen Ende meines Studiums wider und ich sehe mich noch in meiner kalten Studentenbude nahe der Holländischen Straße auf den Verkehr herabblicken, während ich den Sinn meiner akademischen Karriere reflektiere. Ich sah mich zu der Zeit einer tiefen Sinnkrise ausgesetzt: Während ich von meinem beruflichen Ziel (mehr oder weniger) überzeugt war, kotzte mich der –leider nötige-Kontakt mit langweiligen Schwätzern, die über sinnlos überdehntes Spezialwissen in irgendwelchen Nischen verfügten, zusehends an. Ich wollte/will nicht so werden und meine Definition von Intelligenz und Qualifikation stimmt nicht mit dem überein, was mir dort nahegebracht wurde. Ain’t got no time to waste!

Looking down my window watch the traffic passing by
The stench of diesel fuel and lead’s filling the air
I stop breathing just one second and my tongue is nearly try
I’m searching for a focus on my mind
People on the pavement, bags of shopping in their hands
They’re passing but they won’t just say a word

I’ve spent my whole time waiting for a train that’s called my life
Standing at the station wasting time
Waiting there forever till my body’s old and grey
I’m standing at the station wasting time

Standing in a corner, with my hands tied on my back
The ceiling just one foot above my head
The more my eyes are covered, the more I like to see
So take that fucking blindfold away from me
There are things I like to tell you, but my mouth is always shut
My silent scream will always stay unheard

One More Suicide

Der Titel des Songs impliziert: Einer mehr, wen kümmert’s?

Ende der 90er von der Band Marcy Playground veröffentlicht, stellt One More Suicide eine stilistische Ausnahme im Repertoire dieser Band dar. Bei den Jungs geht es eher rockig zur Sache und der –glaube ich- einzige Hit der Gruppe, „Sex And Candy“, lief damals eher auf Indie- oder Rock Veranstaltungen und motivierte zum Tanzen.

Und textlich? Tja, Christopher O’ Malley aus Chehalis war unglücklich verliebt und hat sich umgebracht. Auf die Hilfe von Engeln oder sonst wem kann man in solchen Fällen auch heute noch nicht hoffen.

Snowin’ On Raton

Townes Van Zandt besingt hier den Raton Bergpass zwischen Colorado und New Mexico und es handelt sich um einen Road Song.

Eines von Townes’ Mottos war: „There’s no prettier sight than a town you left behind.“ In Verbindung mit dem Zitat „so I guess I keep on gamblin’, lots of booze and lots of ramblin’“ aus dem Song „Waiting Round To Die“, kann man seinen Lebenswandel und sein Schicksal leicht herleiten.

Für mich war/ist Townes Van Zandt einer der größten Songwriter aller Zeiten. Durch ihn habe ich angefangen, mich verstärkt auf die Akustikgitarre zu konzentrieren, somit war das Kennenlernen von Townes’ Musik ein Schlüsselerlebnis für mich.

Reason To Dream

Im Original wurde dieser Song 2006 auf dem Rainheads Album „Being Left“ veröffentlicht. Textlich geht es hier ums Musikmachen und wie Musik von vielen Hörern und der Industrie wahrgenommen wird.

Den Traum, von Musik leben zu können, habe ich seit vielen Jahren begraben. Den Traum, dass innovative und ehrliche Musik auf offenere Ohren stoßen könnte, noch nicht.

Ich beziehe mich hier nicht primär auf meine eigenen Songs. Alleine die auf diesem Album gecoverten Musiker werden nicht angemessen wahrgenommen oder geschätzt. Schmeißt also eure 2,90 Euro Classic Rock CDs in die Tonne und haltet die Ohren offen.

I can’t tell you anything you’ve never heard before
I can’t invent a new chord, unique rhyme so what should I strive for?
You got to keep your head up – today
And try to have a good time – your own way
Success is just a show time in a superficial world

Give me just a reason not to dream

To stare into a bright light hurts your eyes but won’t enlighten your soul
Screaming out so loudly doesn’t mean you could have sung this song
You got to keep your head up – today
And try to have a good time – your own way
Reality’s just perception in a superficial world

I can’t tell you anything you’ve never ever heard before
The chords are still the same so there’s no need to play some more
You got to keep your head up – today
And try to have a good time – your own way
A unique style is still unwanted in a superficial world

No Surrender

Niemals aufgeben. Diesen Springsteen Song habe ich sogar für meinen Sohn Elia bei seiner Taufe in der Kirche gespielt. Man kann einem kleinen Menschen viel mit auf den Weg geben, um ihn auf diese Welt vorzubereiten. Unter anderem wünsche ich mir, dass Elia einen starken Charakter bekommt und nicht zur schnellen Resignation tendieren wird.

Dieser Song stammt von Springsteens Hitalbum „Born In The USA“ und wird dort eher rockig dargeboten. Eigentlich geht es hier -ähnlich wie bei „Reason To Dream“- ums Musikmachen. Ich weiß nicht, welche Erfahrungen Bruce Springsteen mit ambitionierten Mitmusikern gemacht hat, da er sich hier auf „blood brothers“ bezieht. Meine Erfahrungen diesbezüglich lege ich hier besser nicht dar...

The One I Love

Als R.E.M.’s „Document“ 1987 erschien, war ich wenig begeistert. In meine damalige Metal und Punk Welt passten diese Kommerz Langeweiler nun mal überhaupt nicht rein. Erst durch meinen späteren Zugang zu Bands wie New Model Army, Violent Femmes, etc. fand ich gefallen an einigen Songs von Michael Stipe und Co.. Ich gebe sogar zu, dass ich auch den Radio Hit „Losing My Religion“ für einen guten Song halte. Wahrscheinlich schwingt da etwas Nostalgie mit, da dieser 1991 direkt in meiner Abizeit erschien und wir dazu –direkt im Anschluss an „Under The Bridge“ und „Give It Away“ von den Chili Peppers- gerne im Savoy in Elgershausen das Tanzbein geschwungen haben...damn, the times there are a-changin’!

Coming Round

Nick Saloman und the Bevis Frond. Jahrelang meine absolute Nr. 1 im Indie und Rock Bereich. Dieser Mann schreibt Hits am Fließband und spielt auf vielen seiner zahlreichen CDs jedes Instrument selbst ein. Coming Round ist auf dem 93er Album „London Stone“ zu finden und ist im Original ein Rock Song mit einen langen psychedelischen Gitarrensolo.

The Bevis Frond gehören eindeutig zu den –von mir beschriebenen- nicht genügend gewürdigten Bands.

In den letzten Jahren ist es deutlich ruhiger um Mr Saloman geworden, wobei sein 2012er Werk „The Leaving Of London“ (das erste Lebenszeichen seit 2005) klasse geworden ist und meinen CD Player über Wochen nicht verlassen hat.

Die Textzeile „I’ve heard it’s easy, I’ve heard it’s all the latest rage, but I don’t understand at all, I come from a different age“ sagt alles über die Lyrics von „Coming Round“ aus. Nuff said!

Nothin’

Ein weiterer Townes Van Zandt Song, der wirklich düster daher kommt.

Um dieses Lied zu beschreiben, möchte ich aus einem Interview mit Townes zitieren. Er wurde gefragt: „How come most of your songs are sad songs?“, worauf er antwortete: „I don't think they're all that sad. I have a few that aren't sad, they're like... hopeless. Totally hopeless situation and the rest aren't sad they're just the way it goes. I mean you know you don't think life's sad?“. In Kombination mit der letzten Strophe von Nothin’, „sorrow and solitude, these are the precious things, and the only words that are worth remeberin’“, erhält man einen Einblick in Townes’ Leben.

Trotz all der proklamierten Hoffnungslosigkeit sind in Townes’ Leben eine Menge tolle Songs entstanden, in die ich heute noch genauso eintauchen kann, wie beim ersten Hören.

Rowboat

Eigentlich wurde dieser Song von Beck geschrieben und 1994 auf einem eigenen –sehr unbekannten- Album veröffentlicht. Ich orientiere mich bei meiner Interpretation an Johnny Cashs Version vom Album „Unchained“, welches 1996 erschien.

Merkwürdiger Weise wurde Cashs Album in den Staaten von vielen Radiosendern in und um Nashville komplett ignoriert, da er sich hier (scheinbar) von seinen Country Wurzeln abzuwenden drohte. Immerhin spielte er Songs von Beck, Soundgarden oder Tom Petty. Trotzdem erhielt Cash einen Grammy für das beste Country Album, worauf seine populäre Danksagung mit dem erhobenen Mittelfinger an die Country-Musikindustrie in Nashville erfolgte.

Mir persönlich war „Unchained“ anfangs allerdings „zu viel Country“ und ich befand „American Recordings I“ für besser, da Cash hier solo und akustisch in Rick Rubins Wohnzimmer zu hören ist. Heute gefallen mir fast alle Veröffentlichungen der „American Recordings“ Phase sehr gut.

A Sorry Tale

Nachdem ich Grant Campbells Album „Expecting Great Things“ (siehe „Holding Ground“) zu hören bekam, war ich von seiner Verwendung des Kapodasters in höheren Lagen der Gitarre begeistert. Ich probierte herum und das Zupfmuster sowie die Akkordfolge für diesen Song wurden geboren.

Inhaltlich geht es hier um Selbstbetrug und Neuanfang – die Kombination und inhaltliche Ausschmückung sei den Hörern überlassen.

Das Lied ist auch den notorischen „Dauerentschuldigern“ gewidmet, die im Anschluss an ihre geheuchelten Worte genauso weitermachen wie vorher...

It took time waiting in line
On a run-down city street
Dark windows and neon signs
Offering things that no one needs
There’s the girl with the plastic smile
Inventing stories ‘bout her life
I don’t believe a single word
But I’ve left my own behind
For the sake of a new moon

A sorry tale once told and forgotten
A sorry tale for the ragged and the torn
A sorry tale for the blind and the outcast
And for the spell of the new moon

The street lights have been shut out
But spring’s not past and gone
All flowers are still in bloom
And the nights are dark and warm
There’s the man with the pale white face
Inventing stories ‘bout his life
I don’t believe a single word
But I’ve left my own behind
For the sake of a new moon

This Land Is Your Land

1944/1945 von Woody Guthrie geschrieben, ist dieser Song eindeutig das älteste Stück Musik und der größte Klassiker auf dieser CD. „This Land Is Your Land“ ist einer der bekanntesten Folk Songs der USA, der von unendlich vielen Künstlern gecovert wurde. Wahrscheinlich würde dieses Lied nicht in jeder Grundschulklasse in den Staaten gesungen, wenn Guthries Sympathie für den Kommunismus weiterreichend bekannt wäre.

Während „This Land Is Your Land“ selbstverständlich auf sehr viele historische Aspekte Amerikas zu beziehen ist, lautet die Message aber sicher nicht „nehmt euch was ihr kriegen könnt, es gehört sowieso uns“, sondern der Song ist ein Plädoyer für Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit auch in Bezug auf materielle Besitzansprüche.

Es gibt verschiedene Textversionen zu diesem Song, ich habe mich dafür entschieden, zwei kritische Strophen einzubinden, die Guthrie später geschrieben hat, da ich sie sehr passend finde.

Woody Guthrie ist musikalisch und politisch eine nach wie vor wichtige und wegweisende Persönlichkeit. Nicht umsonst beschäftigen sich namhafte Folk und Rockbands oder Musiker (z.B. Wilco oder Billy Bragg) mit der „Vertonung“ der vielen hinterlassenen Texte Guthries, deren Aktualität und Intelligenz auch nach so vielen Jahren an nichts verloren haben....Please come back Woody Guthrie...

Bad Moon Rising

Was soll ich sagen? Die Original Version von Creedence Clearwater Revival ist wahrscheinlich fast allen bekannt, auch wenn der Song bereits Ende der 60er Jahre geschrieben wurde. John Fogerty und seine Band schrieben massenweise Hits und auch ihre Songs werden von „allem und jedem“ gecovert.

Mein Vater hörte als ich noch seeeehr jung war oft die Best of Creedence Clearwater Originalkassette „Chronicle“ im Auto, wodurch ich bereits im Kindesalter jeden Song mitsummen konnte.

Für mich bestand allerdings stets ein Widerspruch zwischen der beschwingten Musik und dem düsteren Text von „Bad Moon Rising“. Nachdem ich die Version von 16 Horsepower auf dem 2000er Live Album „Hoarse“ hörte, fühlte ich die Inspiration, mich auch an diesem Song zu versuchen...I hope you are quite prepared to die!?

Waitin’ Round To Die

All diejenigen, die sich die Mühe gemacht haben, diese Zeilen zu lesen, haben Townes Van Zandt bereits kennen gelernt.

Basierend auf Townes eigenem Lebensstil und seiner Einstellung zum Leben, erzählt er hier die hoffnungslose Geschichte eines Protagonisten, dessen Leben von häuslicher Gewalt, Einsamkeit, Alkoholismus, Kriminalität und Gefängnis geprägt ist. All das, was er erlebt, bezeichnet er als stetiges Warten auf den Tod.

Dieser Song ist weder für eine Apres Ski Party noch für einen Abend am Ballermann prädestiniert...und doch –oder gerade deshalb- ist er einfach nur klasse!

Nebraska

Dieses Stück ist der Titeltrack von Bruce Springsteens 1982 veröffentlichten Akustik Album. Wahnsinn, 2 Jahre vor dem Megaseller „Born In The USA“ veröffentlicht dieser Mann ein sprödes Soloalbum, welches er alleine mit einem 4-Spur Kassettenrekorder in seinem Schlafzimmer aufgenommen hat. Obwohl diesem Werk jegliche kommerziellen Ansätze oder Radio Hits fehlen, entwickelte sich Nebraska zu einem Kultalbum, dessen Songs weiterhin oft zitiert oder gecovert werden. Auch ich sitze heute noch mit einer Gänsehaut da, wenn diese Musik aus den Lautsprechern dringt.

Inhaltlich basiert der Song Nebraska auf einer wahren Begebenheit. Aus der Ich-Perspektive erzählt Springsteen die Geschichte von Charles Starkweather (damals 20) und seiner Freundin Caril Ann Fugate (damals 14) die 1958 in Nebraska und Wyoming 10 Menschen während einer Amokfahrt erschossen. Seine Erzählungen beziehen auch die Gerichtsverhandlung, Starkweathers geplante Hinrichtung und seine diesbezüglichen Gedanken ein.

Aus einem Brief, den der Mörder aus dem Gefängnis an seine Eltern schrieb, übernahm Springsteen die Textzeile: „I can’t say that I’m sorry for the things that we done, at least for a little while, sir, me and her had us some fun“.

Die nüchterne –scheinbar emotionslose- Darstellung der Geschehnisse aus der Sicht von Charles Starkweather, der Stil des Gesangs, sowie die Relevanz der Thematik Amokläufe macht Nebraska zu einem gänsehautverdächtigen Kunstwerk, dessen Umsetzung auf „Strictly Acoustic“ mir sehr am Herzen liegt.

Bad Old World

Justin Sullivan und New Model Army weckten in mir bereits Anfang der 90er eine Vorliebe für Folk Elemente und Akustische Gitarren. Der vom Punk und New Wave beeinflusste Stil dieser britischen Band spannt immer wieder den Bogen zu Singer- Songwriter Einflüssen und den klassischen Story Telling Elementen dieser Musikrichtung.

Das Verlassen der schlechten alten Welt um irgendwo anders an einem besseren Ort neu anzufangen, ist wahrscheinlich ein Wunsch, den alle bereits hatten. Umso ernüchternder ist dann meist die Einsicht, dass man den Absprung doch nicht schafft, oder dass es zu viele Dinge gibt, an denen man noch hängt.

Das „lie, lie, lie“ im Refrain ist somit nicht mit dem klassischen „la, la, la“ gleichzusetzen, sondern stellt Sullivans Widerlegung der zuvor aufgestellten These, „I’m never going back there“, dar.

Goodbye Letters

Wie bereits bei „Ask For More“, dem ersten Song auf „Strictly Acoustic“, erwähnt, ist dies ein weiteres Stück, welches auf meinen Eindrücken des 2009er USA Trips basiert.

Ein ruhiges, schnörkelloses Zupfmuster trifft auf eine Huldigung von endlosen Weiten, tiefen Canyons und einer atemberaubend schönen Landschaft.

Das Feeling dieses Songs kann man im hektischen und pflichtbewussten Deutschland nur schlecht nachvollziehen. Stellt euch einfach vor, ihr fahrt langsam und schier endlos bei strahlend blauen Himmel durch eine fast unbewohnte Szenerie aus Wüsten, Bergen, Seen und Hügeln. Hinter euch fährt niemand auf eure Stoßstange auf, der ein frisches weißes Hemd am Rückfenster hängen hat und ein Passbild von Rainer Brüderle im Portemonnaie mit sich führt. Auch diejenigen, die vor den Postern von Schumi und Sebastian Vettel auf die Knie fallen und beten, sind einfach non-existent...Wenn ihr euch all das lebhaft vorstellen könnt, hört euch „Goodbye Letters“ an...

Heading north to see the sunrise
A thousand voices calling me
Enjoying all those empty spaces ‘round here
And the road bends upwards to the hill

Gazing yonder into the distance
Of this green and pleasant land
Marked by customs and old traces ‘round here
And the road bends upwards to the hill

Don’t send your goodbye letters
And your farewells after all
Don’t send your goodbye letters after all
Take time to find your own way
Somewhere inside your soul
Don’t send your goodbye letters after all

Speeding down those endless highways
Seeing canyons deep and cool
Follow all those hobo’s traces ‘round here
And the road bends upwards to the hill

Our Mother The Mountain

Der vierte Townes Van Zandt Song auf „Strictly Acoustic“. Auch hier handelt es sich um ein Tiltellied. Das Album „Our Mother The Mountain“ ist 1969 erschienen und ist sein zweites Werk. Obwohl es hoch gelobt wurde/wird, sind die Verkaufszahlen –wie bei allen seinen Werken- extrem niedrig.

Textlich geht dieses Lied in eine etwas andere Richtung, als die „typischen“ Townes Songs. Hier wird ein Horrorszenario auf übernatürlicher Basis beschrieben, wie ich es von ihm sonst nur aus dem Song „The Hole“ von seinen letzten Album „No Deeper Blue“ kenne.

Obwohl ich bei vielen Singer- Songwritern am liebsten aufs notwendigste skelettierte Alben oder Live Aufnahmen höre, ist „Our Mother The Mountain“ ein durchweg gelungenes Album. Der Tilteltrack ist hier in seiner besten Version vertreten.

Christmas in Washington

Nein, dies ist kein Weihnachtslied! „Christmas in Washington“ ist ein Steve Earle Song von seinem 1997er Album „El Corazon“. Der Titel kommt von einem jährlichen –in den Staaten ausgestrahlten- TV Special, bei dem Künstler verschiedener Genres auftreten und der Präsident eine Abschlussrede hält.

Bereits bei „This Land Is Your Land“ habe ich den Refrain dieses Songs zitiert: „Come back Woody Guthrie, come back to us now“. Steve Earle kritisiert viele aktuelle Missstände und formuliert eine Hommage an „die gute alte Zeit“, in der Woody Guthrie, Martin Luther King, Joe Hill, Emma Goldman oder Malcolm X zu den Protagonisten zählten. Alle diese Personen sind Symbolträger für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, Mitbestimmung und Freiheit.

„El Corazon“ ist ein sehr vielfältiges Album, welches Songs aus den unterschiedlichsten Genres beinhaltet. Prädikat: Hörenswert!

Johnny 99

Ein weiterer Springsteen Song und die zweite Coverversion vom „Nebraska“ Album. Ähnlich wie viele Songwriter und Folk Songs beschreibt Springsteen hier eine verzweifelte Situation, bei der er sich auf zum Teil wahre Begebenheiten stützt. Springsteen wurde inspiriert von der Schließung der Ford Produktionsstätte in Mahwah, New Jersey 1980 und beschreibt die ausweglose Situation des nun arbeitslosen, hoch verschuldeten Ralph, der in betrunkenem und total verzweifeltem Zustand einen Nachtportier erschießt. Nachdem er zu 99 Jahren Haft verurteilt wird, was ihm den Spitznamen Johnny 99 einbringt, verlangt er, anstelle dieser Haftstrafe exekutiert zu werden.

Ich habe den Song nicht in Springsteens „Rockabilly“ Manier gespielt, sondern ihn so interpretiert, wie er mir am besten von der Hand ging.

In den Liedern „The River“, „Nebraska“ und „Johnny 99“ spielt Springsteens Mundharmonika in den Originalen eine sehr tragende Rolle. Ich bin gespannt, ob sie euch fehlt...

Holding Ground

Ein toller Song eines jüngeren schottischen Songwriters mit dem Namen Grant Campbell.

Das Original ist –genau wie einige andere tolle Stücke- auf seinem dritten Album „Expecting Great Things“ zu hören.

Ich habe lange überlegt, ob ich einen von Campbells Songs aufnehmen soll, weil dessen Musik von seiner sehr kräftigen, rauen Stimme geprägt ist, die der Meinigen nicht unbedingt entspricht. Letztendlich habe ich doch eine Version aufgenommen und war zufrieden.


Während des Abmischens von „Strictly Acoustic“ habe ich mit Mixmaster Christian Jentschke gescherzt: „No surrender to nothin’ means holding ground“.

Tatsächlich geht es hier -ähnlich wie bei „No Surrender“- darum, nicht aufzugeben und die Stellung zu halten.

Ich hoffe, dass ich auch in den nächsten Jahren noch genug Motivation und Rückhalt finden werde, meine musikalische Stellung zu halten. Danke an alle, die Interesse gezeigt, mich bestärkt und mir Kraft gegeben haben!

Mein größter Respekt geht an die Musiker, die mich mit ihren riesen Talenten und ihrer künstlerischen Größe inspiriert und motiviert haben!